Die besondere Ostertour – frühmorgens auf den Spuren des Osterhasen

Der frühe Vogel fängt den Wurm – Natur und leckere Belohnung

Was tun mit der gewonnenen Zeit?

Es ist kurz vor 6 Uhr am Ostermontagmorgen 2019. Gerade hat der innere Wecker geklingelt. Leider schon um 6 Uhr, wie halt werktags immer. Hatte vergessen, ihn umzustellen. Nun liege ich im Bett, lausche den Vögeln, die vergnügt durch das geöffnete Fenster zwitschern und überlege mir, was ich mit der gewonnenen Zeit anfangen kann.  Nochmals zu schlafen versuchen und dann wie gerädert aufwachen? Aufstehen und etwas Sinnvolles tun? Ja, Letzteres. Nur was?

Meine Gedanken gleiten von einem Thema zum anderen und kommen irgendwann auf etwas banales – das Wetter. Wie das komplette Osterfest 2019 hindurch, ist auch für den Ostermontag Sonne pur gemeldet. Es bleibt komplett trocken, höchstens finden sich vereinzelte Wölkchen am Himmel und die Sonne soll bei bis zu 26 Grad hier im Kinzigtal wieder durchgehend scheinen.

Ich überlege weiter. Eigentlich ist der „normale“ Tagesablauf schon vorprogrammiert. So wie halt jeden Ostermontag. Erst etwas frühstücken, dann ein paar Worte am Laptop für meinen nächsten Blog aufs Papier bringen und anschließend dann ab zur Familie. Ostern ist das Fest, das man mit seinen Liebsten verbringt und bei uns ist es ein Ritual, dass meine Eltern all ihre Lieben zum Mittagessen und inkludiertem Eiersuchen einladen.

Aber heute läuft es anders. Zumindest der Start in den Tag. Denn ich habe mich entschieden, noch vor Sonnenaufgang zu einer kleinen Wanderung aufzubrechen und die langsam erwachende Natur draußen zu erleben. Vor dem Frühstück, wohlgemerkt.

Blick über die im Schatten liegenden Windräder am Ostermontag

Auf geht’s!

Um 6:20 Uhr stehe ich an der Haustür, eine Jacke umgehängt (es ist noch ca. 5° Grad Celsius) und auf geht es in die Natur. Ich muss dazu sagen, dass wir hier in unserem kleinen 750 Seelen-Dörfchen im Kinzigtal kurze Wege haben. Denn nach ca. 3 Minuten durch das noch tief und fest schlafende Dorf bin ich mitten in der Natur. Über den Wiesen schwebt noch ein leichter Schleier und ich bin froh, dass ich meine Jacke dabeihabe. Das für das Frühjahr typische, so intensive Licht lässt die Wiesen unglaublich grün und saftig erscheinen. Und über alledem schwebt eine entspannte, morgendliche Ruhe.

Die Kühe auf den Weiden wirken, als seien sie gerade aufgewacht und schauen mich mit ihren großen Augen an. Vermutlich fragen sie sich gerade, was diesen frühen Vogel da um diese unmögliche Uhrzeit wohl aus seinem warmen Nest in die morgendliche Kühle gezogen hat. Entgegen der üblichen Gepflogenheit bleiben sie den Moment stehen, den ich an ihnen vorbeiziehe. Normalerweise würden sie panisch aufschrecken und davonlaufen. Das ist mal eine ganz neue Erfahrung.

Keine Menschenseele auf den ersten Kilometern meiner Strecke – eine himmlische Stille. Die beste Zeit, die Gedanken zu sortieren, die Augen über die erwachende Natur schweifen lassen und zu fühlen, wie mit jedem Meter, den die Sonnenstrahlen über den gegenüberliegenden Hang näherkommen, sich die angekündigte wohlige Wärme über die Natur legt. So stelle ich mir einen perfekten Start in den Tag vor.

Start in die Ostertour

Begegnungen

Mensch…

Dann sehe ich plötzlich einen Menschen vor mir. Ein Mann auf dem Rad mit Hund kommt mir entgegen. Damit habe ich jetzt in meiner Idylle gar nicht gerechnet. Beim Näherkommen erkenne ich, dass es sich um jemanden handelt, der in einer der umliegenden Mühlen wohnt und genau wie ich diesen magischen Morgen genießen möchte. Wir grüßen uns – natürlich möchte der Hund auch seine Wertschätzung mit einem leichten Tätscheln und Graulen haben – und wir plaudern kurz ein paar Worte. Aber wer will an einem so schönen Morgen viel Zeit mit Reden verplempern? Ich spüre, wie er einfach nur die Ruhe genießen möchte. Also ziehen wir getrennten Weges nach diesen paar Worten weiter.

…und Tier(e) in Wald…

In einem kleinen Wald auf meiner Strecke dann plötzlich ein Rascheln vor mir. Ich ducke mich ein wenig, verharre ganz still und warte auf das, was sich vor mir im Gebüsch bewegt. Es sind vier junge Rehe, die wohl durch meine Schritte und die raschelnden Blätter aufgeschreckt worden sind. Einen Moment später spritzen sie einige Meter vor mir über den Waldweg. Ich schaue ihnen noch nach. Wie graziös springen sie doch über die Wurzeln und umgefallenen Baumstämme, immer zusammen im Verbund laufend. Ein erhabenes Gefühl. Leider sind sie auch schnell wieder verschwunden. Viel zu schnell für meine Kamera.

Vor der Begegnung mit den Rehen auf der Ostermontagtour

Als ich den Wald kurz darauf verlasse, dann mein ganz persönlicher Morgengruß. Die Sonne hat mittlerweile die Lichtung erreicht und umhüllt mich mit ihren warmen Strahlen. Wie schön das ist, sich vom Licht des neuen Tages umfluten zu lassen, einfach die Augen zu schließen und die Umgebung tief einzuatmen. Und einfach nur das Hier und Jetzt zu genießen! Wunderschön.

…und Flur

Davon beschwingt, geht es anschließend eine kleine Anhöhe hinauf. Ich wusste schon von vorherigen Wanderungen, dass mich hier ein paar besonders putzige Gesellen erwarten würden. Eine kleine Schar aufgeweckter Buren-Ziegen mit ihren süßen Schlappohren. Der Zaun war heute Morgen nah an den Weg gezogen und bei meiner Annäherung breitete sich unter den süßen Ziegen ein wenig Unruhe aus. Die mussten natürlich auch begrüßt werden. Deshalb stellte ich mich gleich an den Zaun und sie näherten sich langsam, aber vorsichtig. Zuerst die großen, erwachsenen Tiere und dann auch die beiden kleineren und noch ganz tapsig laufenden Zicklein. In diesen Momenten kann man gut nachvollziehen, warum Kinder in Streichelzoos die Nähe zu den Ziegen so lieben. Einfach zu putzig, wie sie sich streicheln lassen. Die Köpfe unter der kraulenden Hand windend und sich immer mehr in Position schiebend.

Auf meiner Morgentour getroffene Gefährten.

Endspurt

Ich hätte noch stundenlang dort stehen und diesen so beruhigenden Moment genießen können. Aber langsam machte sich auch mein Hungergefühl bemerkbar, sodass wir uns schweren Herzens leider trennen mussten. Die Blicke, die sie mir nachwarfen, machten die Trennung dann doch ein wenig schwer.

Endspurt am Ostermontagmorgen

Zufrieden, ausgeglichen und glücklich über meine Entscheidung, heute früh den inneren Schweinehund überwunden zu haben, schlenderte ich den restlichen Weg nach Hause. Mittlerweile war auch in meinem Ort der Alltag eingekehrt. Die Stalltüren standen teilweise auf, man hörte, wie sich die Kühe auf ihr Futter freuten und in den Stallungen machten sich die Landwirte zu schaffen. Und diejenigen, die den zufrieden durch die Straßen schlendernden Frühaufsteher bemerkten, warfen ihm einen anerkennenden Blick zu.

„Alles richtig gemacht“ sagte mir mein Gefühl und ich stieg vergnügt die letzten Schritte zur Haustüre hoch.

Belohnung

An diesem Morgen schmeckte das Frühstück, für das ich mir bewusst deutlich mehr Zeit als üblich ließ, doppelt so gut wie sonst. Es stand nichts anderes als an einem normalen Tag auf dem Tisch. Aber nach diesem spontanen, über knapp sieben Kilometer langen, wundersamen Naturerlebnis schmeckte jeder Bissen ganz besonders gut und ich genoss jeden wie ein König. Ich nahm mir vor, dies zukünftig öfters anzugehen. Und das nicht nur an Ostern.

So schön hat noch kein Ostermontag begonnen. Und das, obwohl mir nicht mal der Osterhase über den Weg gelaufen ist.

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