Anreise durch Londons Underground

Situation

Der erste Teil meiner Anreise nach London ist geschafft. Gerade bin ich auf dem Londoner Flughafen Heathrow gelandet und habe anschließend als erste Handlung im neuen Land mit Leichtigkeit die Passkontrolle überwunden. Nach einer längeren Wartezeit am Baggage Claim flitzt nun auch der Koffer auf seinen Rollen hinter mir her über das Parkett des Heathrow Airport.

Ich spüre, wie sich die Anspannung ein wenig löst. Mit dem Verlassen des Flugzeugs lagen alle Faktoren, die zeitlichen Stress verursachen konnten, hinter mir und waren quasi wie weggeflogen. Wir hatten kurz nach 13 Uhr und mein Zimmer im Norden Londons konnte bis 18 Uhr bezogen werden. Fünf Stunden Zeit für maximal 1,5 Stunden Anfahrt. Das sollte locker gelingen.

Die nächsten Punkte auf meiner Todo-Liste waren Geldautomat und der Kauf der Oyster Card.

Heathrow Airport
Heathrow Airport

Oyster Card

Wobei man bei der Oyster Card richtigerweise von „Leihe“ sprechen muss. Ich leihe mir diese Karte für eine Gebühr von 5 Britischen Pfund und buche auf diese mein Fahrpreiskontingent.

Da ich wie fast alle Deutschen auch lieber „richtiges“ Geld in Form von Scheinen und Münzen als Plastik in der Tasche habe, ging der erste Weg zum Geldautomaten, der „Cash machine“. In Heathrow fand sich eine solche „ATM“ direkt am Ausgang der Arrival-Halle. Bedienung fast exakt wie in Deutschland, nur das „Withdrawal“ kostet halt ein paar Prozent Gebühr – je nach Geldinstitut. Damit war der Punkt „Geldholen“ schnell erledigt.

Im Untergeschoss des Heathrow-Gebäudes befindet sich die Underground Station, sozusagen der Bahnhof der Tube. Direkt vor den Schranken, die in die Gänge und letztlich auf die Gleise führen, befindet sich der Shop, in dem man die Oyster Card leihen und aufladen kann.

Zwei besetzte Schalter sorgten für ein schnelles und reibungsloses Erhalten der Karte. Meine erste Aufladung betrug 50 Pfund zzgl. der 5 Pfund Leihe. Wer glaubt, dass dies für ein größeres Fahrpreispolster sorgt, irrt. Wie sich später herausstellte, war das gerade mal genug, um eine Woche täglich Tube zu fahren. Das später nötige Nachladen war glücklicherweise in allen Underground-Stationen an aufgestellten Automaten problemlos möglich.

Die Alternative, auch Einzelfahrscheine zu kaufen, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Aber jedes Mal vor Fahrtantritt an den Schalter gehen? Wer sich das antun mag, ist selbst schuld. Deutlich einfacher ist es, die Oyster Card an den Drehkreuzen, die direkt am Eingang der Underground-Stationen installiert sind, quasi im Vorbeigehen über den Scanner zu ziehen.

Fahrt mit der Londoner Underground

Routenplanung

Die Routenführung in London ist wirklich sehr einfach und für jeden gut zu bewerkstelligen. Es gibt 11 sogenannte „Lines“, also fixe Underground-Strecken. Jede hat ihren eigenen Namen, z.B. die Piccadilly-Line, die Northern-Line oder die Bakerloo-Line. Diese führen auf ihren festgelegten Strecken von einem Ende Londons zum anderen. Zumeist im Stadtkern schneiden sie sich. An diesen Schnittpunkten können die Fahrgäste zwischen den Linien umsteigen. Man muss diese Umsteigestellen nur kennen oder wissen, wie man sie herausfinden kann.

Für den ganz Unbedarften ist die App „Tube Map“ eine prima Hilfe. Okay, die Werbeeinblendungen nerven und kosten jedes Mal ein paar Sekunden. Dafür ist das Ergebnis aber stets korrekt und übersichtlich. Man gibt den Startpunkt ein und anschließend die Station, die man erreichen möchte. Nach ein paar Sekunden bekommt man erst etwas Werbung präsentiert und dann das Ergebnis seiner Suche. Fahrzeit, Umstiege, Preise und sogar nach einem kurzen Klick die Karte dazu machen das Ganze zu einem informativen Kinderspiel.

Nach ein paar Tagen kommen dann der Ehrgeiz und die Experimentierfreude. Denn die Wege durch Londons Unterwelt sind so simpel und logisch aufgebaut, dass man sich auf die eigene Navigation verlassen kann. Ohne App und nervige Werbung.

In meinem Fall musste ich am Anreisetag von „Heathrow“ nach „Archway“. Also erst die Tube „Piccadilly Line Richtung Osten (Eastbound) bis zum Leicester Square und dort Umstieg in die „Northern Line“ nach Norden (Northbound). Das Ganze dauerte laut App 63 Minuten, 27 Haltestellen und kostete 6 Pounds.

London Underground Hallway
London Underground Hallway

Bahnsteige

Nach erstmaliger Nutzung der Oyster Card stand ich hinter dem Drehkreuz in den Gängen, die zu den Stationen führten.

Zur Orientierung: Es gibt logischerweise an jeder Station zwei Bahnsteige, einer für jede Richtung. Diese können „North- und Southbound“ oder „East- und Westbound“ sein. Die betreffende Linie mit allen Haltepunkten ist an den jeweiligen Eintritten zum Bahnsteig auf großen Tafeln übersichtlich aufgezeichnet. Da Heathrow im Westen Londons angesiedelt ist und ich in Richtung Stadtmitte musste, ging es nach Osten, also „eastbound“.

Hinweistafeln zeigen die Reihenfolge und die Wartezeit zu den einfahrenden Zügen. Man sollte auch diese im Blick haben, denn viele Linien verzweigen in ihrem Streckenverlauf. Wichtig ist in diesem Fall, stets das Endziel im Blick zu haben. Wer vor der Verzeigung aussteigen muss, der kann logischerweise alle Züge nehmen.

Das richtige Gleis war schnell gefunden und zusammen mit vielen anderen Kofferträgern reihte ich mich unter den Wartenden in Erwartung der eintreffenden Züge ein.

Underground Station – Warten auf den Zug

Waggons

Pünktlich zum angekündigten Zeitpunkt ratterte mit viel Getöse auch schon der Zug ein.

Freunde ratternder, rein funktionell eingerichteter Waggons, die durch enge Röhren (deshalb „Tube“) schießen, haben an dieser Art der Fortbewegung ihre reine Freude. Die Waggons schütteln und rütteln sich während der Fahrt, dass es eine Freude ist. Wer Glück hat, schaut dem Treiben von einem sicheren Sitzplatz zu. Wer nicht, klammert sich fieberhaft an das Gestänge im Waggon.

Einfahrender Underground Train

Meinen Einstieg in diese Art der Fortbewegung kann man als sachte bezeichnen. Denn der Waggon war nur halbvoll. Es gab also genug Platz, um sich samt Gepäck auf einen der leeren Sitzgelegenheiten zu setzen. Aussparungen für größere Koffer waren ebenfalls vorhanden und frei.

Empty Underground Car

Dass es auch anders geht – also die Realität, der normale Wahnsinn – erfuhr ich dann in den kommenden zwei Wochen auf dem Weg zur Schule. Im morgendlichen Berufsverkehr bleibt in den Abteilen keine Luft zum Atmen – sofern man das Glück hat, einen Waggon zu finden, in den man sich noch hineinquetschen kann.

Vermutlich muss man in London großgeworden sein, um den Mief, das Geschiebe und den permanent engen Körperkontakt allmorgendlich ertragen zu können. Zumindest sahen meine Mitfahrer/-innen stets entspannt aus, wenn sie stehend oder sitzend ihre Zeitung oder ihr Buch genossen. Oder wie es die Mehrheit tat: gespannt in ihr Smartphone starrend.

Meine erste Fahrt und der erste Umstieg verliefen ereignislos. In den Decken der Waggons ist die komplette Strecke mit Haltepunkten aufgemalt, sodass man stets weiß, wo man ist und wann man raus muss. Und an den Umsteigestationen ist die Wegbeschilderung selbst für Underground-Rookies logisch und gut erkennbar angebracht. Hierfür ein dickes Kompliment an die Londoner Verkehrsbetriebe.

Gegen 15 Uhr an meiner Zielstation angelangt, ging es anschließend viele Stufen und Rolltreppen nach oben in Richtung Tageslicht. Direkt am Ausgang kam nochmal kurz die Oyster Card am Drehkreuz zum Einsatz. Dann verließ ich die Station „Archway“ und machte mich auf die Suche nach meinem Appartement am „Tremlett Grove“.

Underground London – Rolltreppe zum Tageslicht

Erste Kontaktaufnahme mit der Stadt

Suburbs

Verglichen mit deutschen Vorstädten gibt es in Londons Suburbs keine gravierenden Unterschiede. Alleine die Fahrzeuge auf der falschen Straßenseite, die andere Sprache und die Beschilderung waren anfangs ungewohnt.

Und auch die selbst an Sonntagen offenen Geschäfte. Alle Geschäfte wohlgemerkt. Also auch die Supermarkets. „Best Price“, „Lidl“ und „Aldi“ hatten alle geöffnet und das nutzen die Londoner auch ausgiebig. Die Läden waren proppenvoll. Toll, hatte sich damit mein Verpflegungsproblem doch soeben in Luft aufgelöst.

Ansonsten zeigte sich das gewohnte Bild einer Vorstadt: grauer Beton überall, große Mülleimer und Müll ohne Eimer auf der Straße, kommunikative Obdachlose an jeder Ecke und tausend halb verhungerte Tauben überall. Dazu die typischen Londoner Gebäude mit ihren breiten Schornsteinen und aus dem letzten Jahrhundert wirkenden Häuserfronten.

 

Typisches Bild einer Londoner Vorstadt
Typisches Bild einer Londoner Vorstadt

Aber nach all den Eindrücken, dem langen Weg bis hierher und auch einem leichten Grummeln im Magen war mir das Ziel in diesen Momenten näher als der Weg zum Ziel. Also Augen zu und durch. Auf zur Unterkunft. Und das geradewegs. 

Das aber mit Obacht. Denn man muss alle Gewohnheiten des Straßenverkehrs fallen lassen. Die Fahrzeuge kommen von da, wo man überhaupt nicht mit rechnet. „Left-hand traffic is very tricky“. Also jede Straßenüberquerung doppelt absichern.  

Dank „Google Maps“ fühlt man sich auch an den entlegensten Orten sicher und zielgerichtet unterwegs. Mobilen Empfang gibt es ja mittlerweile fast überall und besonders in London auch in ausreichender Geschwindigkeit. So auch in diesem Fall. Die 500 Meter von der Underground-Station zum „Tremlett Grove 16“ schlürften mein Koffer und ich sicher geleitet und jede Straßenüberquerung sorgfältig geprüft durch Londons Vorstadt.

Schnaufend und verschwitzt vor der Haustüre angekommen, öffnete ich das winzige Gartentörchen, setzte mich auf die Türschwelle und wählte die Telefonnummer des Housekeepers.

„Meine“ Haustür für 2 Wochen

Ausblick

Wie ich empfangen wurde, mit welchen interessanten Menschen ich die kommenden zwei Wochen das Haus teilen durfte und wie sich das Leben in einem typisch Londoner Haus anfühlte, zeige ich euch in meinem nächsten Beitrag.

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