Glamping in Slowenien – Camping für Weicheier?
Letzten Winter bei der Planung unseres Urlaubs
Seit langer Zeit schon waren meine Partnerin uns einig, irgendwann mal nach Slowenien in den Urlaub zu fahren. Dort wandern, wo kaum jemand hinfindet. Urwüchsige Natur erleben und nicht alle 10 Meter über Touristen oder deren Hinterlassenschaften stolpern. Und dieses Jahr sollte es endlich so weit sein. Nach dem letztjährigen Radurlaub an der Loire in Frankreich sollte es diesmal wieder auf Schusters Rappen über die Berge gehen.
Schnell war unser diesjähriges Ziel gefunden. Der Norden Sloweniens. Und das nicht von einem Ort sternförmig hinaus, sondern drei oder vier Anlaufpunkte, an denen wir uns alle Sehenswürdigkeiten anschauen und dann weiterziehen. Und an jedem dieser Anlaufpunkte musste eine passende Unterkunft gefunden werden. Zweckmäßig, mit Frühstück, stimmiges Preis-/Leistungsverhältnis und kurze Wege zu den Wanderrouten.
Gesagt, getan. Am ersten Zielort (Polje, direkt am Bohinjsko jezero See) fand sich eine hübsche Pension – sogar mit eingebauter Pizzeria. Ort zwei in Bled am dortigen See war schnell abgehakt. Alles gute, attraktive Unterkünfte zu einem vernünftigen Preis. Unsere dritte Station in Slowenien gestaltete sich etwas schwieriger. Denn es sollte nach Kobarid gehen, Julische Alpen, Soca-Tal.
Doch es fand sich einfach nichts Attraktives zum Übernachten. Nach langem Suchen wagte sich meine Partnerin aus der Deckung: „Wie wäre es mit Glamping?“. Mit Fragezeichen in den Augen antwortete ich: „Glamping was? Was ist das denn?“. „Camping eben. Und das Ganze etwas glamouröser – Glamping halt“. Und das aus dem Mund meiner Liebsten, war doch bisher das eigene Reich mit den zivilisierten Errungenschaften stets Kritikpunkt Nummer eins bei der Wahl der Unterkünfte. Link Glamping Kranjc
Bedeutung
Urlaub in luxuriös ausgestatteten Zelten, Wohnmobilen oder Lodges
DUDEN
Hübsch waren die Holzhüttchen im Internet ja schon anzuschauen. Die Kritiken auf booking.com waren überwältigend. Und was sollte schon sein? Wenn wir schon unterwegs das Abenteuer suchten, warum dann nicht auch bei der Übernachtung etwas Neues wagen? Und ohne lange zu zögern waren drei Nächte in eine der kleinen Holzhütten am Rande der Zivilisation gebucht.
Die folgenden Monate bis zum Start in den Süden vergingen viel zu langsam. Und jedes Mal, wenn wir an diesen Urlaub dachten, kam dann doch ein flaues Gefühl auf. Nicht wegen der wagemutigen Touren in den Bergen, der Verständigung oder der Verpflegung. Nein, es war die ungewisse Bleibe am Ende des Urlaubs, die uns etwas Sorgen machte. Unser Neuland im neuen Land.
Aufbruch und Naturerlebnis
Der erste Teil des Urlaubs ist kurz erzählt. Die knapp 750 Kilometer Anfahrt bis Polje waren schnell bewältigt. Und das Land Slowenien hielt, was wir uns davon versprochen hatten. Atemberaubende Touren in den Alpen und um die beiden Seen herum. Unzählige Wasserfälle mit eiskaltem, glasklarem Wasser und viel unberührte Natur. Die Slowenen waren ausnahmslos freundlich, hilfsbereit und man konnte sich problemlos in Englisch verständigen. Auch die Unterkünfte waren gut gewählt. Schöne saubere Zimmer, gutes Frühstück und abends nach der langen Wandertour war die Location zum leckeren Abendessens in der Regel per Fuß erreichbar.
Und dann ging es auch ins Ungewisse… Ab zum Glamping.
Anfahrt
Als wir aus Bled fuhren und unser Navi programmierten, staunten wir nicht schlecht. Mehr als zweieinhalb Stunden für 80 Kilometer Strecke? Das kann doch nicht stimmen. Und zu meinem und meiner geliebten Beifahrerin Leidwesen lügen Navigationssysteme nie.
Jeder, der schon mal in den Bergen war, kennt Serpentinen. Also die Straßen, die über enge Kurven und stetige Blicke in den Abgrund Berge hinauf- und dann wieder hinabführten. Und genau diese erwarteten uns zu genüge auf dem Weg zum Ort des Glamping. Und in Slowenien sind das nicht einfach geteerte Straßen, gut befestigt und mit reichlich Platz zum Ausweichen. Nein, es ging teilweise über Schotterpisten hinauf, über schlaglochübersäte Wege hinab und das ganz ganze mit Kurven versehen, die nicht stabile Mägen an und über ihre Grenzen bringen.
Glücklicherweise saß bei uns der empfindliche Magen am Steuer und der kampferprobte hielt tapfer an dessen rechter Seite durch. Belohnt wurden wir mit den unvergesslichen Momenten, die die Natur in Slowenien zu bieten hatte. Nach besagten zweieinhalb Stunden standen wir dann endlich am Zielort. Dort, wo wir unsere Zelte für die nächsten 3 Tage aufschlagen wollten.
Erstkontakt
Was stellt man sich vor, wenn man an „Camping“ denkt? Zahllose kleine Hütten, Zelte, Wohnwagen, Campingmobile, die sich auf den klitzekleinen Parzellen breitmachen, die man ihnen zugewiesen hat. Dazu ab und an mal ein Waschhaus, in dem in durchgekachelten Räumen die Massen der Frischluftfanatiker ihre Bedürfnisse morgens, abends und auch mal zwischendurch verrichten können. Dazu überall herumspringende, schreiende Kinder und Massenabfertigung in den umherliegenden Verköstigungsstationen. So stellte ich mir meine nächsten drei Tage vor. Und wurde angenehm vom Gegenteil überzeugt.
Verdutzte Blicke beim Verlassen des Autos auf dem kleinen Parkplatz vor einem Gasthaus. Wir schauten uns fragend an. Wo ist der Campingplatz? Warum ist es hier so still? Und wo um Himmels Willen sind die Hütten? Hatten wir uns verfahren? Nein, die Adresse stimmte. Also einfach mal fragen.
Wir betraten das Gasthaus und standen an einer kleinen Rezeption. Die Hausherrin kam, plauderte ein wenig auf Englisch mit uns und bestätigte, dass wir richtig seien. Unsere kleine Glamping-Hütte sei schon bereit, die Betten frisch bezogen und wir könnten direkt einziehen. Die andere hinter dem Haus im Garten hätte auch deutsche Mieter. Sofort ratterte es in unseren Köpfen. „Die andere,,,“ also nur ZWEI Hütten? Das war überraschend. Und ja, unser Bad sei auch schon bereit.
Ich fasse es mal schnell zusammen: Wir hatten eine von zwei Hütten gemietet, eigenes Badezimmer ist inkludiert und abschließbar. Außer einem deutschen Pärchen keine anderen Camper, kein Lärm, keine schreienden Kinder und essen konnten wir im anschließenden Restaurant. Und die Hütten waren ja so süß, liebevoll von Hand gezimmert mit kleiner Terrasse vor dem Eingang direkt in Sonnenrichtung.
Unser Reich im Soca-Tal
Der Tag begann mit dem Frühstück im Speisesaal des Gasthofs. Mit ca. 20 weiteren Gästen des Gasthofs genossen wir das liebevoll zubereitete erste Mahl des Tages. Alles selbstgemacht. Marmelade, Kuchen, Aufstrich,… alles in Muttis Garten selbst angebaut. Und sogar das Brot war täglich frisch aus dem heimischen Ofen. Wir konnten auf die Felder und Bäume blicken, die Basis all der Leckereien auf den reichlich gedeckten Tischen waren. Reichlich Grundlage für die Wanderungen, die vor uns lagen.
Das Soca-Tal in Slowenien ist wirklich eine Reise wert. Viele Wege, die wir alle von unserem heimischen Hüttchen aus erwandern konnten. Teils hoch in die Berge, über manch unbefestigten Kamm oder auch durch waghalsige Schluchten. Immer mit dem kleinen, besonderen Kick Adrenalin. Kaum ein Tag ohne fast vierstellige Höhenmeter. Dazu Wege, die man nur aufgrund der Komoot-Anzeige fand und Begegnungen mit allen Arten von Wasserfällen. Genug Stoff, um abends nach einem guten Essen die vertraute Zweisamkeit im eigenen Hüttchen zu genießen.
Die Schokoladenseite
Wie ist Camping ohne die üblichen Campinggeräusche? Also ohne Geschrei, ohne Getümmel, Unruhe und das stetige Kommen und Gehen anderer Camper? HIMMLISCH. Bis in die Dunkelheit draußen vor der Hütte sitzend, das Zirpen der Grillen in gemütlicher Zweisamkeit genießen. Dann entspannt in die Betten krabbeln und nach der Anstrengung des Tages reichlich Kraft sammeln. Die ersten Nächte waren sehr ruhig, erholsam und man mochte am Morgen gar nicht wirklich aus der kleinen Koje krabbeln. Der nächtliche Toilettengang in den ca. 30 Meter entfernten eigenen Trakt ist kaum erwähnenswert und man hatte das Gefühl, gar nicht wach gewesen zu sein.
Besonders haften geblieben sind bei mir die entspannten Stunden am Morgen und am Abend auf unserer Loggia. Nach dem reichhaltigen Frühstück noch eine heiße Tasse Tee mit runternehmen und diese beim Blick auf die erwachende Natur genüsslich schlürfen. Und abends dann mit einer leckeren Hopfenkaltschale bzw. einem Glas Wein den Sonnenuntergang genießen. Oder, wie am letzten Abend geschehen, unter unserem Vordach sitzend dem fallenden Regen zuschauen und die frisch gewaschene Luft genießen. Doch damit kommen wir zu den…
Schattenseiten des Glamping
Wenn es abends regnet, tut es das sehr oft auch in der Nacht. Das ist so lange schön, wie man in seinem warmen Bettchen liegt und dem Prasseln zuhören kann. Wenn aber nachts die Blase drückt und irgendwann das Bedürfnis trotz Starkregens nicht mehr so einfach zu unterdrücken ist, dann kommt die Kehrseite des Glamping zum Tragen. Denn trotz Regenschirm, Regenjacke und festem Schuhwerk wird man nachts immer nass. Und wach. Zurückgekehrt, endlich unter die Decke gekrabbelt, ist jeder Regentropfen doppelt so laut wie am Abend. Und das hält lange wach.
Wir waren Mitte Juni unterwegs. Und auch da war es tagsüber sehr warm. Die Holzhüttchen waren dunkel gestrichen und mit Dachpappe isoliert. Das zieht die Wärme doppelt so stark an. Und trotz reichlichen Lüftens hing dann die Wärme nachts in der kleinen Bleibe. Aber dieses Problem gibt es auch beim normalen Campen. Glamping fühlt sich in diesem Punkt genauso an.
Trotz gewissenhaften Schließens der Eingangstüre befand sich immer mal wieder ein Tierchen, das uns im Schlaf aussaugen wollte, in unserem kleinen Reich. Dunkle Wände und Holzmaserung machen die Suche danach zum Glücksspiel. Und auch die unzähligen Fliegen wollten mit mehr oder weniger rabiaten Methoden aus dem Schlafgemach vertrieben werden. Kleinigkeiten, die das Pendel mehr vom Glamour zum Camping ausschlagen ließen.
Fazit
Slowenien ist wunderschön. Es hat alles gepasst. Auch das Glamping. Wir genossen die Zeit in unserem Reich in vollen Zügen. Besonders die Stunden morgens nach dem Frühstück und abends vor dem Schlafengehen auf der kleinen Veranda. Und die Ruhe. Denn davon bekamen wir genug. In Kombination mit einer Gaststätte, die reichlich Verpflegung und Kaltgetränke bot, ein unschlagbares Team. Nur mein Schatz, ich und unser kleines Reich.
Doch auch die Schattenseiten sollten erwähnt werden. Schlechtes Wetter macht Glamping wie richtiges Camping auch trist und ungemütlich. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch das Zusammentreffen von dunklen Holzhütten mit viel Sonne, was die Nächte sehr heiß werden lässt. Der gravierende Unterschied zur Pension kommt vor allem bei allen nächtlichen Unternehmungen negativ zum Tragen. Egal, ob kalte Füße, patschnasse Schuhe, heiße Luft oder zahllose Mückenstiche, dies bleibt dann doch auch in den Erinnerungen haften.
Zur Frage, ob wir wieder mal Glamping wagen möchten, gibt es bei zwei Personen genau zwei Meinungen. Mit etwas Abstand fand ich Glamping ganz cool und würde es bei passender Gelegenheit wieder tun. Mein Schatz aber, nicht so leicht vergesslich wie ich, würde jede Pension einer kleinen Holzhütte in freier Natur vorziehen.
Anschließend noch ein Wort zu den Kosten. Diese liegen deutlich über denen eines Campingplatzes. Wir zahlten in Slowenien ungefähr den gleichen Preis wie für Bed and Breakfast in einer Pension. Gespart hatten wir also nichts. Aber gewonnen haben wir reichlich Erfahrung. Und wir können nun mitreden.